Gedenktafel für Dr. Ilse Kassel in Hermsdorf

Eine Gedenktafel für die Hermsdorfer Ärztin und SPD-Genossin Dr. Ilse Kassel wurde seit langem von der Reinickendorfer Arbeitsgruppe Stolpersteine gefordert – jetzt steht die Tafel auf dem Dr. Ilse-Kassel-Platz in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses der Familie Kassel in der Wachsmuthstraße 9. Am 19. 9. 2018 wurde die Tafel in Anwesenheit von Vertretern des Bezirksamts und der Arbeitsgruppe Stolpersteine eingeweiht. Das Datum war mit Bedacht gewählt: Der 20. September 1943 wurde als Todestag von Ilse Kassel festgesetzt, die sich auf der Flucht vor ihren nationalsozialistischen Verfolgern in der Netze ertränkte.

Seit dem 5. Juli 2008 erinnern in der Wachsmuthstraße zwei Stolpersteine an Dr. Ilse Kassel und ihre Tochter Edith Kassel, die dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer fielen. Der Platz gegenüber ihrem Wohnhaus wurde 2012 nach ihr „Dr. Ilse-Kassel-Platz“ benannt. Ilse Kassel wurde als jüdische Ärztin von der Gestapo verfolgt und gesucht und konnte sich der Verhaftung nur dadurch entziehen, dass sie bei einer befreundeten Familie in der Neumark untertauchte. Als sie dort im Herbst 1943 von der Gestapo aufgespürt wurde, nahm sie sich durch Selbstmord das Leben.

Dr. Ilse Kassel, die als Ärztin in Hermsdorf praktiziert hatte, wurde aber von den Nationalsozialisten auch deshalb verfolgt, weil sie im Widerstand aktiv war. Als politisch denkende und handelnde mutige Frau war sie im Jahr 1929 der SPD beigetreten und Mitglied im Ortsverband Hermsdorf. Nach 1933 wurden etliche Mitglieder dieses Ortverbands in den Folterkellern der SA grausam gefoltert, darunter auch der Reichsbannerführer Karl Reichel. Unter diesem Eindruck hielten sich die Hermsdorfer Genossen mit Aktivitäten zurück. Ilse Kassel war dies offenbar zu wenig. Zusammen mit anderen Genossen schloss sie sich einer kommunistischen Widerstandsgruppe an. Sie verteilte Flugblätter und leistete Untergetauchten medizinische Hilfe. 1936 wurde sie deshalb wegen Hochverrats zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, die sie in Moabit verbüßte. Dort gebar sie im Jahr 1937 ihre Tochter Edith. Nach ihrer Freilassung verzichtete sie auf die Auswanderung nach Großbritannien, weil sie ihre kleine Tochter nicht allein lassen wollte. Einem Ausreiseantrag nach Palästina wurde nach Kriegsausbruch nicht mehr stattgegeben. Um einer Verhaftung zuvorzukommen, tauchte sie im September 1942 bei einer ehemaligen Patientin in der Neumark unter. Als die Gestapo sie auf dem Hof ihrer Helfer entdeckte, ertränkte sie sich mit ihrer Tochter in der Netze. Die damals siebenjährige Edith überlebte, wurde aber später zunächst nach Theresienstadt und daraufhin nach Auschwitz deportiert und dort 1944 ermordet.

Ilse Kassel war eine mutige Frau. Dr. Ilse Kassel ist die erste Sozialdemokratin, für die in Reinickendorf ein Stolperstein verlegt wurde. Von Menschen, die sich wie Ilse Kassel engagieren, lebt die demokratische Gesellschaft. Die SPD Hermsdorf hat deshalb die Patenschaft für die Stolpersteine für Ilse und Edith Kassel übernommen und ist erfreut, dass nunmehr auch mit der Gedenktafel das Andenken an diese mutige Frau angemessen gewürdigt wird.

Gabi Thieme-Duske

 

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