Herr Doktor Steffel und die Wahrheit – mal wieder

Man hätte es so gerne geglaubt: Bundestagsabgeordneter stellt sich in einer gastronomischen Einrichtung unerschrocken dem rassistischen Mob entgegen und vertreibt den Wüstling nur kraft seines Mutes und seines Auftretens. Da sieht man dem Helden dann auch nach, dass er augenscheinlich in der Folge nichts eiligeres zu tun hatte, als die Lokalredaktionen der Stadt abzutelefonieren, um sie nicht nur mit seiner Version des Vorfalls zu versorgen, sondern auch gleich noch die anderen Gäste des Lokals für ihre vermeintlich fehlende Zivilcourage zu denunzieren.

Dumm nur, dass sich andere Zeugen des Zwischenfalls so gar nicht daran erinnern können, Herr Doktor Steffel sei – wenn überhaupt – unmittelbar gegen die Attacke vorgegangen. Vielmehr wird von den anderen Beteiligten eher auf Frau Steffels Einschreiten hingewiesen, was wiederum deren Ehegatte unerwähnt lässt.

Noch dümmer, dass sich Herrn Doktor Steffels Glaubwürdigkeit seit seinem legendär desaströsen Wahlkampf 2001 irgendwo zwischen der von Roland Koch und Lance Armstrong bewegt: die seinerzeit bekannt gewordenen „Jugendsünden“, die für Minderheiten Begriffe wie Bimbos und Mongos bereithielt, versuchte der Kandidat mit kindischen Ausreden und jämmerlichen Unwahrheiten zu begegnen, was in der Mediengesellschaft zusätzlich noch Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des „Kennedys von der Spree“ weckte – Parteifreund Michel Friedman zelebrierte dies ja dann auch genüsslich.

Das Schicksal eines Hinterbänklers ist bestimmt kein Zuckerschlecken; und gegen Ende der zweiten Legislaturperiode mag erst recht der Eindruck entstehen, dass dort jemand seine politische Zukunft bereits hinter sich habe. Die Wählerinnen und Wähler in Reinickendorf sollten sich bei passender Gelegenheit einmal überlegen, ob sie sich von solchen Persönlichkeiten vertreten lassen wollen.

 

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