„Eine schwierige Situation bis zum Ende des Jahrzehnts“
Mittlerweile fast schon als Routine fand am vergangenen Dienstag die digitale Abteilungsversammlung der Hermsdorfer Genoss*innen statt, wenngleich sich ausgerechnet der Internetbeauftragte aus technischen Gründen erst verspätet zuschaltete. Zu Gast war die Landesregierung in Person unseres Abteilungsmitglieds Vera Junker, seit September Staatssekretärin in der Finanzverwaltung. Sie war vom Abteilungsvorstand mit der Bitte eingeladen worden, die Auswirkungen der Corona-Krise insbesondere auf den Landeshaushalt zu referieren.
Demnach hat sich sowohl die Situation des laufenden Jahres, als auch der mittelfristige Ausblick der bis 2019 recht guten Finanzstruktur Berlin so massiv eingetrübt, dass ein Nachtragshaushalt über 5,5 Mrd.Euro (bei bisherigen Ausgaben von rund 31 Mrd.) beschlossen werden musste. Da Berlin wirtschaftlich überproportional vom Tourismus und Großveranstaltungen abhängig ist, gerät die Stadt von zwei Seiten in Schwierigkeiten: einerseits werden die Einnahmen massiv einbrechen, andererseits muss sowohl für die entsprechende Struktur wie die Messe und den BER, aber auch für die zu erwartende Erhöhung der Arbeitslosigkeit höhere Belastungen eingeplant werden.
Die Finanzierung mag beim derzeitigen Schuldenstand von rund 57 Mrd.Euro kurzfristig durch die immer noch niedrigen Zinsen kein Problem sein, könnte durch eine absehbare Erhöhung der Refinanzierungskosten aber erheblich auf die finanzielle Bewegungsfähigkeit der Stadt in den kommenden Jahren durchschlagen. Betroffen davon wären etwa die Schulbauoffensive, Erschließungsprojekte wie die WISTA, aber auch der Wohnungsbau, von denen eine deutlich günstigere Bauweise verlangt werden muss.
Während innerhalb des Senats (allerdings auch zwischen den sozialdemokratischen Mitgliedern der Landesregierung und des Abgeordnetenhauses) die Konfliktlinie zwischen denjenigen, die „intelligente“ (statt Sarrazin-)Einsparungen vornehmen wollen und denen, die über massive Ausgaben einen konjunkturellen Impuls setzen wollen, verläuft, entfachte die Diskussion an diesem Abend erwartungsgemäß grundsätzlich abweichende Gesellschaftsbilder. Während aus der Mitte der Abteilungsmitglieder die Gerechtigkeit des Steuersystems aus der Perspektive von Arbeitnehmer*innen in Frage gestellt wurde, wies Vera die Forderung nach höheren Sätzen für Besserverdiener*innen und Vermögende als „motivationstötend“ zurück. Das Ausdiskutieren dieser Positionen soll zeitnah erfolgen.
An lokalen Themen stach natürlich die Entscheidung der BVV heraus, die Verbindung der Schildower Straße nach Glienicke zu sperren. Die SPD-Fraktion hatte sich als einzige bei der Abstimmung enthalten (s. Artikel unten), was von den Hermsdorfer Genoss*innen, auf deren Gebiet das Problem immerhin liegt, eher stirnrunzelnd zur Kenntnis genommen wurde. Die Abteilung diskutiert bereits seit längerem eine modernes Verkehrskonzept für den Gesamtbezirk, das wir bald zur Diskussion stellen werden.