Neuer Anlauf zur Verwaltungsreform: Staatssekretär Frank Nägele zu Gast in der Abteilungsversammlung

Kein Termin beim Bürgeramt oder bei der Zulassungsstelle, Genehmigungen brauchen viel zu lange: An den Infoständen und in den Medien ist der Ärger über das schlechte Funktionieren der Verwaltung deutlich zu merken. Eine Verwaltungsreform steht seit langem auf der politischen Tagesordnung, viele Anläufe für eine dienstleistungsorientierte Verwaltung sind in der Vergangenheit stecken geblieben. Ein brisantes Thema also für unsere – leider wieder nur digitale – Abteilungsversammlung am 30. November mit Frank Nägele, Staatssekretär für Verwaltungs- und Infrastruktur-Modernisierung in der Senatskanzlei, als sachkundigem Referenten. Entsprechend groß war das Interesse.

Die „funktionierende Stadt“ war ein Schwerpunkt im Wahlkampf, und der aktuelle Koalitionsvertrag verspricht einen „neuen Aufbruch“ für die Berliner Verwaltung. Entgegen der landläufigen Meinung sieht Frank Nägele gute Chancen, dieses Versprechen in der kommenden Legislatur endlich in die Tat umzusetzen, und verweist dabei auf wichtige Vorarbeiten aus den vergangenen Jahren. Der „Zukunftspakt Verwaltung“ wurde im Mai 2019 vom Senat und dem Rat der Bürgermeister unterzeichnet; er beschreibt 27 konkrete Projekte, mit denen neue Steuerungsverfahren und Ziele für die Berliner Verwaltung erprobt und definiert werden sollen. Trotz der Pandemie konnten so wichtige Reformprozesse angeschoben werden: Die Berlin-weite Konturierung der Geschäftsbereiche im Bezirksamt, die Einführung von Zielvereinbarungen als Steuerungsinstrument in der Verwaltung, eine interne Beratungseinheit für die Optimierung von Verwaltungsverfahren und die Einrichtung der Führungskräfte-Akademie und des City Lab, wo konkrete Verbesserungen wie z.B. die beschleunigte Einrichtung von Radwegen entwickelt werden. Anderes hat sich als schwer durchsetzbar erwiesen, wie etwa die „interne Genehmigungsfiktion“, bei der die Zustimmung einer am Verfahren zu beteiligenden Behörde intern als erteilt gilt, wenn innerhalb einer bestimmten Frist nichts anderes mitgeteilt wird. Auch die Weiterentwicklung der Ordnungsämter wurde mit Blick auf deren massive Belastung durch die Pandemie nicht mehr angegangen.

Der neue Koalitionsvertrag baut auf diesen Erfahrungen auf und ist für Frank Nägele in Sachen Verwaltung unbedingt gelungen. In der jetzt beginnenden Legislaturperiode steht der Einstieg in eine mögliche Verfassungsänderung auf dem Plan, wofür eine Zusammenarbeit der demokratischen Parteien über die Koalition hinaus erforderlich ist. Um das Hin- und Her-Schieben von Verantwortung zwischen den verschiedenen Verwaltungen zu beenden, ist eine neue Führungskultur erforderlich, die Verantwortung klar verortet. Das politische Bezirksamt soll kommen, mit nach politischen Mehrheiten gewählten Stadträten und einem für alle Bereiche verantwortlichen Bürgermeister an der Spitze. Die Aufgabenverteilung zwischen Bezirken und Senatsverwaltung wird klar geregelt: Die Senatsverwaltung sorgt für die Steuerung, die Bezirke für die Umsetzung. Die Zielvereinbarungen werden mit zweckgebundenen Budgets außerhalb des Globalsummen-Zuweisung unterlegt. Die Senatskanzlei wird zur zentralen Steuerungseinheit für die verschiedenen Senatsverwaltungen ausgebaut. Zusätzliche Stellen in den Bezirken und eine Personalentwicklung, die vom Menschen statt vom Stellenplan her denkt, sollen die Personalsituation verbessern.

Es geht nicht um Zentralisierung und Hierarchisierung der Verwaltung, sondern um die Stärkung der Bezirke da, wo sie an den Menschen und deren Problemen nahe dran sind. Für die Umsetzung brauchen die Bezirke die nötigen Spielräume und Gestaltungsmöglichkeiten. Aber die Qualität muss stimmen – überall in der Stadt; dafür braucht es klare Ziele und einheitliche Mittel zur Umsetzung. Die Bezirke haben ein Recht auf Steuerung und Koordinierung durch die Senatsverwaltung – gerade hier gibt es derzeit immer wieder ärgerliche Mängel, die wichtige Vorhaben verzögern oder gefährden. Insgesamt aber gilt: Wir haben nicht nur Schatten, wir haben auch tolle Beispiele hervorragend funktionierender Behörden.

Thomas Koch

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