Hermsdorfer SPD gedenkt der Befreiung von Auschwitz
– Erinnerung an Edith und Ilse Kassel –
Am 27. Januar 1945 befreiten die Soldaten der Roten Armee im KZ Auschwitz die Häftlinge, die bis dahin die mörderischen Lebensbedingungen und die Todesmaschinerie des Vernichtungslagers überlebt hatten. Für Edith Kassel, zum Zeitpunkt ihres Todes sieben Jahre alt, kam die Befreiung zu spät.
Edith war die Tochter von Dr. Ilse Kassel, ihr Vater war ein jüdischen Jurist. Ihre Mutter, Ärztin aus jüdischer Familie, führte in der Hermsdorfer Wachsmuthstraße eine Praxis. Die kassenärztliche Zulassung wurde ihr 1933 entzogen, sie durfte die Praxis nicht mehr weiterführen. Ilse Kassel – Mitglied der SPD Hermsdorf – schloss sich einer Widerstandsgruppe an, sie leistete medizinische Hilfe für untergetauchte Menschen und stellte Flugblätter her. Wegen Vorbereitung zum Hochverrat wurde sie zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Dort wurde am 9. Mai 1937 ihre Tochter Edith geboren. Nach Entlassung aus der Haft musste sie Zwangsarbeit leisten. Um einer Verhaftung zuvorzukommen, tauchte sie im September 1942 mit Edith unter. Sie wurde versteckt von einer ehemaligen Patientin im Oderbruch in der Nähe von Landesberg/Warthe. Das Versteck wurde jedoch verraten. Ilse Kassel sah auf der Flucht vor der Gestapo keinen anderen Ausweg mehr als den gemeinsamen Freitod mit ihrer Tochter. Ilse Kassel starb dabei in der Netze, die Tochter wurde gerettet.
Das Kind kam in das Krankenhaus nach Driesen, wurde aber kurze Zeit später von der Gestapo abgeholt. Am 15. Oktober 1943 wurde Edith Kassel als Nr. 21 mit einem Alterstransport ab Berlin aus der Großen Hamburger Straße 26 deportiert und kam am selben Tag in Theresienstadt an. Am 23. Oktober 1944 wurde sie mit dem Transport Et von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert, der am 25. Oktober dort eintraf. Es ist davon auszugehen, dass sie, als siebenjähriges Kind, noch am selben Tag oder wenige Tage später durch Giftgas ermordet wurde.
Das grausame Schicksal von Edith Kassel und ihrer Mutter Dr. Ilse Kassel wurde am 5. Juli 2008 mit zwei Stolpersteinen vor dem Wohnhaus in der Wachsmuthstraße 9 gewürdigt. Am 16. 10. 2017 übernahm die SPD Hermsdorf die Patenschaft für diese beiden Stolpersteine. Damit hat sie auch die politische Verantwortung übernommen, eine Politik mitzugestalten, deren Prinzipien Humanität und Demokratie sind und die damit eine Wiederholung ausschließt. Aus Anlass der Wiederkehr des Jahrestages der Befreiung des KZ Auschwitz wurden die Steine gereinigt und Blumen niedergelegt. Wir denken mit Trauer und Respekt an diese beiden Hermsdorferinnen.